Tag 5

„Von Bank zu Bank“ – sechs Tage zu Fuß und per Rad unterwegs im nordöstlichen Bayern

5. Tag

Als ich an diesem Tag aufwachte, hatte ich noch ein klein wenig Hoffnung, dass der Regen weniger wird. Aber nach einer halben Stunde auf dem Fahrrad war mir klar, dass dies eine nasse Angelegenheit werden wird. Nun gut, ich bin weiter geradelt, habe wieder einmal mit Erstaunen festgestellt, dass sich auf dem Fahrrad kleine Hügel (aus der Autoperspektive) als richtige Berge erweisen können, bis ich dann trotz aller Unannehmlichkeiten halbwegs pünktlich in Weißenstadt ankam. Ich wollte mir das neue Siebenquellkurzentrum anschauen, um dort auf der Baustelle mit Herrn Gesell, dem geschäftsführenden Gesellschafter, über die Hintergründe und Ziele dieses gewaltigen Projekts zu sprechen. Nun, die Baustelle fand ich, aber der Zugang ins Innere blieb mir verborgen. So stand ich draußen wie ein begossener Pudel - im wahrsten Sinn des Wortes - habe mein Handy herausgekramt und die Nummer von Herrn Gesell gewählt, um zu erfahren, wie und von welcher Seite ich da hinein komme, ohne in Schlamm und Bauschutt zu versinken. Herr Gesell hatte die rettende Idee: Wir treffen uns im nahe gelegenen alten Kurzentrum bei einer heißen Tasse Tee. Ein Hoffnungsschimmer an diesem verregnten Vormittag. Im alten Kurzentrum war man sehr nett, gab mir ein Handtuch, und nachdem ich mich grob umgezogen hatte  trudelten langsam auch die anderen ein, die sich für heute Vormittag angekündigt hatten: Herr Lammel vom Sonntagsblatt, Herr Gewinner vom Kurier und Herr Körner, mein filmischer Begleiter. Sehr schön war, dass dann ganz spontan auch noch die beide Pfarrer von Weißenstadt dazukamen, Herr Münch und Herr Grießbach.

Wir hatten ein langes und intensives Gespräch über das neue Zentrum, darüber, wie wichtig für Menschen heute Auszeiten sind, Meditation und Selbstbesinnung, und Herr Gesell erklärte uns, dass dies alles im neuen Kurzentrum von Bedeutung sein wird, dass dort der Mensch als Einheit von Leib und Seele in den Blick kommt. Aber nicht nur das, der christliche Glaube selbst soll dort in seiner therapeutischen Dimension eine Rolle spielen. Deshalb hat Herr Gesell eine halbe Pfarrstelle teilfinanziert, sodass hier auch besondere geistlich-meditative Angebote gemacht werden können. Anschließend besuchten wir die Baustelle und waren angetan von den vielfältigen Angeboten, die es hier bald geben wird. Ein für mich sehr ermutigender Vormittag, trotz des nassen Outfits, vor allem deshalb, weil mir in Herrn Gesell eine Persönlichkeit begegnet ist, bei der unternehmerisches Denken, gesellschaftliches Enagagement und der eigene christliche Glaube auf sehr authentische Weise zusammen kommen.

Danach eine kurze Fahrt in Weißenstadt - kaum Regern! - zur Firma Pema, die vor allem Vollkornbrot herstellt, z.B. auch Pumpernickel. Dort erfuhr ich von einem sehr freundlichen Herrn, Herrn Fröber, dem Geschäftsführer von Pemabrot, wie ein traditionsreiches Familienunternehmen inzwischen zu einer Weltfirma geworden ist und trotzdem mit der Region dadurch verbunden ist, dass es primär auf heimische Produkte zurückgreift, das Korn also von lokalen Landwirten bezieht und dadurch gezielt die Region unterstützt. Auch sonst werden hier viele vorbildliche Projekte unterstützt, z.B. ein inzwischen eigenständiger Verein, der sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen der Brotherstellung  bemüht, da viele Menschen - nicht nur junge Leute - das kaum noch wissen. Außerdem gibt es eine eigene Kunsthalle und noch so manches mehr. Auch hier steht ein Interview zur Verfügung ...

Anschließend habe ich das erste Mal überlegt, ob ich vor dem Regen kapitulieren soll, und vor einem etwas Angst machenden Geräusch, das von meinem Fahrrad kam und mich seit kurzem verfolgte. Kurzum: Soll ich meine Frau bitten, mich abzuholen, um die noch verbleibende Zeit meiner Tour mit dem Auto zu absolvieren? Doch just in dem Augenblick wurde der Regen etwas weniger, und zuguterletzt fand ich auch noch einen Mechaniker in einer Werkstatt, der auch Fahrräder repariert, das Geräusch als von einem kaputten Pedal kommend deutete und es durch ein neues ersetzte. So gab es eigentlich keinen Grund mehr vorzeitig aufzugeben.

So bin ich über den Waldstein nach Münchberg gefahren. Zuerst habe ich mich hier aber noch mit Adrian Rossner getroffen, einem begnadeten und engagierten jungen Heimatforscher, der mir ein Haus gezeigt hat, das "Fachwerkhäusla",  das er mit anderen zusammen vor der Vernichtung gerettet hat, weil er der Überzeugung war, dass es alt ist, und er damit Recht behalten sollte. Genau 300 Jahre alt! Nun soll das Haus alternativ genutzt werden, als ein Laden für heimische Produkte - Stichwort Genussregion - und als Tourismusinfostelle für den nördlichen Fichtelgebirgsraum. 

Erkenntnis des Tages: Auch wenn man sich am Morgen wünscht, der Tag wäre schon vorbei, nicht aufgeben, gerade an solchen Tagen kann Gott uns mit wunderbaren Erfahrungen überraschen.

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Interview mit Herrn Fröbe

 Link zum Interview